5 Gründe, warum ich nicht mit Google Translate und DeepL arbeite, oder: Der Teufel steckt im Detail.

Kürzlich wurde ich von einem Kunden gefragt, ob ich denn als Übersetzerin auch mit Google Translate und DeepL arbeite. Ich bin dankbar für die Frage, die Antwort ist ganz einfach: nein. Warum?

  1. Hinter Google Translate und DeepL stecken natürlich nicht Fließbandübersetzer aus Indien, sondern Maschinen (wobei das eine wohl gleich schlimm wäre wie das andere). Und ja, Maschinen können in vielen Lebensbereichen hilfreich sein: beim Rasenmähen, Staubsaugen oder im Falle eines Apothekenautomaten etwa. Wenn es um OP-Roboter oder um selbstfahrende Autos geht, ist man bereits skeptischer, denn da geht es ja um Menschenleben, richtig? Auch bei Übersetzungen kann es um viel Geld gehen: um Druckkosten, Imageschäden, Vertragsstreitigkeiten oder Informationsdefizite und Kulturbarrieren. Vielleicht sogar um Menschenleben. Würden Sie da wirklich Risiken eingehen?
  2. Ja, die maschinelle Übersetzung hat sich in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. In den Vereinigten Staaten wird übrigens bereits seit dem Kalten Krieg an der Maschinenübersetzung geforscht. Doch Humanübersetzer sind immer noch nicht „ausgestorben“, wie uns bereits seit Jahrzehnten prophezeit wird. Ob mich das überrascht? Nein. Wer eine professionelle Übersetzerkarriere anstrebt, absolviert ein hartes, jahrelanges Studium, bei dem Sprachbeherrschung die Grundvoraussetzung ist. Die eigentlichen Lerninhalte sind ganz andere: Sensibilisierung auf Kulturunterschiede, Berücksichtigung von Textsortenkonventionen, Umgang mit Realien (also Bezeichnungen von z.B. Ämtern und Institutionen), Anpassung an verschiedene Zielgruppen, Ermittlung des Übersetzungszwecks, Prüfung auf Verständlichkeit usw. Ob das eine Maschine können kann? Wenn Sie nun skeptisch sind, sind Sie es zu Recht.
  3. Hinter maschineller Übersetzung stehen im Grunde zwei Funktionsprinzipien: erstens wortwörtliche Transkodierung, zweitens Speichern und Wiederverwenden von Textbausteinen. Kann man subtile Bedeutungsnuancen, Emotionen, Slogans oder technische Erklärungen wortwörtlich transkodieren? Kann eine Maschine Zweideutigkeiten erkennen und richtig auflösen? Nehmen wir einmal das Wort „Leiter“: Was denken Sie, wenn Sie dieses Wort sehen, und wie würden Sie es übersetzen? Denken Sie an die Leiter der Feuerwehrleute, an den Leiter aus der Elektrik oder sind Sie im Management-Kontext zu Hause? Sie sehen schon, ein einfaches Wort birgt bereits Schwierigkeiten – wenn Sätze oder ganze Texte ihre Funktion erfüllen müssen, wird es noch heikler.
  4. Ja, die maschinelle Übersetzung kann durchaus erfolgreich sein. Sieht man sich diese „Erfolgsgeschichten“ näher an, so handelt es sich dabei durchwegs um zwei Kategorien von Texten: 1) Hochgradig normierte Fachtexte wie beispielsweise Bedienungsanleitungen, die von professionellen technischen Redakteuren in Hinblick auf maschinelle Übersetzung erstellt wurden, und 2) Texte, die rein informativen und/oder informellen Zwecken dienen. Wenn Sie also wissen möchten, was Ihr finnischer Geschäftspartner Ihrem finnischen Kollegen ungefähr geschrieben hat, nur zu. Wenn Sie aber Ihre Website samt Produktslogan übersetzt haben möchten, lassen Sie lieber die Finger davon.
  5. Ein oft gehörtes Argument: Maschinenübersetzung hilft Zeit zu sparen, da sie Routinearbeiten abnimmt. Das mag schon sein. Aber woher wissen Sie, für welche Teile eines Textes „Routine“ genügt und wo vielleicht doch menschliches Gehirnschmalz gefragt wäre? Ich kann es Ihnen auch nicht spontan sagen, ich kann mich nur zum Text setzen und ihn von Anfang bis Ende mit geschultem und erfahrenem Blick übersetzen: indem ich mein Weltwissen, mein Theoriewissen, mein Sprachgefühl und mein Wissen über Verständlichkeit einsetze und indem ich mich in die Zielgruppe hineindenke. Indem ich nachfrage oder recherchiere, wenn mir etwas unklar ist, und indem ich ganz grundsätzlich von einer Maxime ausgehe, die sich im Laufe meiner über 20-jährigen Berufserfahrung immer wieder – und nicht nur bei Übersetzungen – bestätigt hat: Der Teufel steckt im Detail.